1998

Seit ich vor drei Jahren einen Art Jahresbrief von einer guten Bekannten bekam, habe ich diese Idee aufgegriffen und so schreibe ich  ebenfalls Jahr für Jahr. Viele erfreuliche und weniger erfreuliche Dinge sind passiert; ich fang mal mit dem 13. Februar an. Es fing damit an das wir zu viert zu einem Möbelgeschäft wollten. Helmut meinte, wenn wir einen Schrank finden und wollen den dann mitnehmen, fehlt uns der Platz im Auto. Wie es kommen mußte, Helmut behielt recht. Es wurde so eng, daß Michaela  in den Kofferraum mußte und das Paket hing quer im Wagen. Wir lachten uns halb tot aber bekanntlich folgt nach Lachen weinen und so war es dann auch zumindest für Michaela. Sie sollte mir beim Kochen helfen und eine Zucchini raspeln. Es ist verdammt schwer sich mit der Raspel zu schneiden aber sie legte auf einmal die Arbeit nieder und sagte mach du weiter. Als ich zu ihr schaute sah ich nur Blut und die Wunde war so tief, daß ich bis auf den Knochen schauen konnte. Auf diese Art und Weise lernten wir das Krankenhaus kennen, wie sich später noch heraus stellen sollte waren wir da nicht zum letzten Mal. Zu dem damaligen Arzt fällt mir nur noch ein, daß er perfekt war. Während er die Seite von der Hand zu nähte machte er Witze mit Michaela und diskutierte mit ihr noch über die Farbe mit dem er nähen wollte. Im März wollte ich zum Einkaufen und so fuhr ich mit meinem Rad auf dem Radweg als ich von einem Auto angefahren wurde, das aus einer Ausfahrt kam. Ich hatte einige Prellungen aber das Schlimmste war für mich, daß mein neues Fahrrad viele Schrammen hatte. So schrie ich auch den Unfallverursacher an: „schauen Sie sich mein Rad an das ist erst eine Woche alt“. Da er einen Schock hatte, sagte er überhaupt nichts und so tat er mir dann auch bald leid. Den Schaden des Rades hat er mir zwar ersetzt, aber es ist jetzt eben nicht mehr 100 %ig okay. Am 3.April rief uns die Polizei an mit den Worten unsere Tochter wäre von einem Hund gebissen worden und wir sollen ins Krankenhaus kommen. Da wir auf dem Weg zum Sport waren wollten wir nur kurz ins Krankenhaus und wir hätten sie dann mitgenommen. Wir riefen sogar in unserer Sportanlage an und meinten wir werden uns etwas verspäten. Was wir dann aber zu Gesicht bekamen als wir vor Martina standen ließ uns das Blut in unseren Adern erfrieren. Trotzdem sie den Mund zugedeckt hatte, konnten wir erkennen, daß Sie von dem Hund in Mund und Nase gebissen worden war. Als die Tücher im OP  entfernt wurden, stand Helmut kurz vor einer Ohnmacht und so wurde er zu mir gebracht. Drei Streifen hingen da nur noch und daraus wollte der Arzt jetzt wieder eine Lippe machen. Wir Eltern warteten zusammen eine Stunde, die mir endlos vorkam. Vierzig Stiche hatte der Arzt gebraucht um das alles zusammen zu nähen; Mund und Nase. Die ersten zwei Tage waren für alle schlimm. Martina konnte und durfte nicht sprechen und so haben wir viel geschrieben. Logischerweise haben wir ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen, Sie liebt zum Beispiel Rindfleischsuppe sehr. Am zweiten Tag hat sie dann ihre geliebte Suppe mit dem Strohhalm zu sich genommen. Die Tage, die folgten waren für alle nicht einfach, aber heute sieht das Gesicht wieder wie vor dem Unfall aus. Ich gebe zu, damals hätte ich das auch nicht für möglich gehalten, aber es ist wie ein Wunder. Zurückgeblieben ist lediglich die Angst vor Hunden. Der Sommer kam und Martina und Helmut und ich fuhren nach Frankreich. Erfreulich war, daß nichts schief ging und das wir uns einfach nur erholten. Michaela fuhr mit einer Jugendgruppe nach Schweden. In Schweden hat Michaela natürlich auch das Krankenhaus aufgesucht. Sie hatte einen zerbrochenen Spiegel in den Nacken bekommen und mußte fast genäht werden. Sie wollte schon immer ihre langen Haare abschneiden. und nutzte so die Situation! Der Arzt hätte gesagt, an den Nacken müßte Luft und besser wäre, die Haare kämen ab. Ja, Michaela hat sich von einer Freundin die Haare abschneiden lassen. 4Ocm (!), einfach ab! Sie sieht heute besser aus als vorher, aber auch älter und das beunruhigt mich schon wieder. Das Leben fordert auch seinen Preis. Das Squashen ging ja noch, aber als wir dann noch in den Tanzkursus gingen, wo wir viel zu lachen bekamen, streikte nach einiger Zeit Helmut‘s Knie. Er jammerte immer öfter und sonst kennt er ja keinen Schmerz, also mußte das was Ernstes sein. Das Beste war, als der Arzt fragte: „Wie heißt Ihr Hausarzt?“ Helmut‘s Antwort: „Ich war noch nie krank und habe gar keinen Hausarzt!“ Er bekam jedenfalls die Schleimbeutel im linken Knie entfernt; ambulant. Es dauerte sehr lange bis er wieder auf den Beinen war. Es hieß vom Arzt immer, ruhig halten, aber nachdem Helmut das Gegenteil machte, wurde es von Tag zu Tag besser. Im Oktober hieß es dann Daumen drücken denn Martina hatte ihre Tests für die Aufnahmeprüfung als Kauffrau für Bürokommunikation bei Bayer. Es klappte auch und wir feierten abends mit Sekt. Das ein oder andere habe ich sicher vergessen aber eins werde ich so schnell nicht vergessen, was es für ein Gefühl ist, wenn man bei Glatteis die Gewalt über das Fahrzeug verliert, so wie es mir vor einer Woche passiert ist. Ich mußte eine Gruppe Badmintonspieler mit einem anderen Vater irgendwo hin fahren. Mißtrauisch wurde ich erst, als neben der Autobahn Schnee auftauchte. Ich fragte, ist es noch weit und es stellte sich heraus, ich mußte in ein Gebiet wo Schnee liegt und eh ich noch was sagen konnte hat es mich auch schon bei der nächsten Ausfahrt erwischt. Ich wollte bremsen, aber meine Reifen machten, was sie wollten. Mit wenig Geschwindigkeit rauschte ich meinem Vordermann drauf. Das Ergebnis, unser Auto war nicht mehr zu reparieren und so kamen wir noch im alten Jahr an ein neuen gebrauchtes Auto. Über die nötige Aufregung für dieses Jahr brauchen wir uns alle nicht zu beschweren. Im Gegenteil, wir sind auf den Trichter gekommen, daß uns mehr Ruhe auch mal gut täte. Für das nächste Jahr wünschen wir Vier uns das wir das Krankenhaus nur aus der Ferne sehen und auch mal im Lotto sechs Richtige haben.