2019

2019

Jetzt sitze ich hier und kann es kaum glauben, dass das Jahr schon fast wieder vorbei ist. Wo ist die Zeit geblieben? Ich habe das Gefühl, das Jahr geht immer schneller vorbei, nun gut. Mein Kalender liegt vor mir und ich werde mal schauen, was wir so erlebt haben und es sich lohnt auf Papier zu bringen.

Januar
Im Januar kam Martina ins Krankenhaus nach Solingen. Viele Jahre ist sie von Arzt zu Arzt gelaufen, weil Sie immer Schnupfen hatte. Ich kenne keinen der mehr Allergie-Tests gemacht hat, als sie. Und das auch noch mit den unterschiedlichsten Befunden. Der letzte Ohrenarzt war wohl auch mit seinem Latein am Ende und gab ihr einen Überweisungsschein fürs Krankenhaus. Dort fasste sich der Arzt an den Kopf und meinte zu ihr, dass sie schon längst unters Messer gemusst hätte. Sie hatte so viele Polypen, dass sie gar keine Luft mehr kriegen konnte. So eine verstopfte Nase hätte er in seiner Zeit als Arzt noch nie gesehen. Ein halbes Jahr später wären ihr die Polypen wahrscheinlich aus der Nase gewachsen.
Nach einer absoluten Panik vor der Vollnarkose, verlief die OP dann wie zu erwarten reibungslos. Sie erholte sich schnell und ist seit dem beschwerdefrei. Noch immer kann sie es kaum fassen, wie schön es ist, durch die Nase zu atmen. Na ja, wenn man keinen Geruchssinn hat, kann es hier und da auch von Vorteil sein, aber im Ganzen ist sie sehr glücklich, dass sie den Eingriff gewagt hat.

Im Januar tauschten Andy,  Michaela und Pitt  ihre Unterkünfte. Die Eltern von Andy zogen in Michaela’s und Andy‘s Wohnung und Andy mit Michaela und dem Kleinen in deren Haus. Andy hatte schon vor längerer Zeit den Dachboden ausgebaut und so wohnten die drei erst mal auf dem Dachboden. Nun nahmen die Renovierungsarbeiten ihren Lauf. Später mehr dazu!

Ende Januar bekam Martina noch ihre Prüfungsergebnisse von ihrer Controller-Weiterbildung zugeschickt. Sie kam wie immer mit den Prüfungsergebnissen zu uns und Helmut musste sie wie immer öffnen. Er war bis jetzt ihr Glücksbringer. Michaela war auch per Zufall da und wir schauten alle abwartend in Helmuts Gesicht. Dann sagte er endlich die ersehnten Worte: „Sie hat bestanden!“ Wir fielen uns alle um den Hals und freuten uns mit ihr. Sie war jetzt Controllerin. Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut vor Freude, wenn ich daran denke.

Am 22.2. war Helmuts letzter Arbeitstag als Chemotechniker (Ausbilder für Chemielaboranten). Nun war er im Vorruhestand. Endlich schellte um sechs Uhr morgens nicht mehr der Wecker. Das erste halbe Jahr wollte er nur auf dem Sofa liegen und alle Alf-Serien schauen. Das hätte auch geklappt wenn er nicht mit mir verheiratet wäre. Gleich in der ersten Woche habe ich ihm einen Jogginganzug gekauft und meinte, jetzt wäre mal Zeit um zu Joggen. Er erinnerte mich daran, dass er erst mal Nichts machen wollte. Ich sagte: „Das ist doch nur zwei Mal die Woche eine Stunde.“ Keiner freute sich mehr als er, wenn es morgens regnete, denn dann liefen wir natürlich nicht. Ich mag keinen Regen auf meinem Kopf und ich kann ja schlecht mit Regenschirm laufen.

Im März hatte ich meinen Auftritt mit meiner neuen Theatergruppe, den Silberdisteln. Ich bin kurzfristig für eine Frau eingesprungen und hatte somit nicht viel Zeit, um den Text zu lernen. Martina half mir, die vielen Sätze in meinen Kopf zu bekommen. Das war ganz praktisch, denn sie hatte eine Aufführung auf der Karnevalsfeier auf der Arbeit und musste ebenfalls einen Text auswendig lernen. Also nutzten wir die Zeit beim Babysitten bei Michaela und fragten uns gegenseitig ab. Das lief unter erschwerten Bedingungen, weil Pitt immer wieder wach wurde und quengelte, wenn wir unseren Text aufsagen wollten. Also hatte immer einer von uns den Pitt auf dem Arm und schaukelte ihn, der andere musste den Text aufsagen. So wechselten wir uns ab, was Pitt auch nicht zum Einschlafen brachte.
Mein Stück war auch schwere Kost und somit hatte ich keinem Bescheid gesagt, dass ich einen Auftritt hatte. Helmut und Martina kamen trotzdem zur Aufführung, was mein Lampenfieber nicht gerade reduzierte. Am Ende war ich froh, dass alles so gut geklappt hatte. Zu Hause angekommen hing ich erst mal alle meine Spickzettel von den Möbeln wieder ab, es war geschafft! Auch Martina kam eine Woche später von ihrer Aufführung und erzählte, wie viele Komplimente sie für ihren englischen(!) Text bekommen hatte.

Zum Thema, dass Helmut ja noch ausspannen wollte: Ich liebe Gartenarbeit und Andy und Michaela haben ja seit einiger Zeit einen Garten oder besser gesagt einen Park, denn der Garten ist riesig. Es sind viele Bäume gestutzt worden und das Holz musste nun entsorgt werden. Ein Häcksler musste her. Die erste Stunde waren wir nur damit beschäftigt, ihn immer wieder auseinander zu nehmen, weil sich mal wieder ein Ast quer gestellt hatte. Helmut verging schon bald die Lust, aber dann hatten wir es raus und als Martina noch zum Helfen kam, lief es wie am Schnürchen. Es hat uns allen Spaß gemacht. Vor allem ist es schön, wenn man sieht was man geschafft hat. Aber der nächste Tag war sehr schmerzhaft, wir hatten alle Muskelkater vom Feinsten. Da fällt mir gerade der Satz ein: „Wer rastet der rostet!!!!“

Im April traf ich mich mit Franz und Petra, um unser Klassentreffen zu organisieren. Jeder suchte sich zwölf Leute aus, die er informieren wollte. Mit der Liste fing ich auch gleich am Wochenende an. Mit der Hoffnung mit jedem noch ein kleines Schwätzchen halten zu können, ging ich frisch ans Werk. Bei dem ersten Anruf hörte ich am anderen Ende der Leitung: „Kein Anschluss unter dieser Nummer!“ Ich wählte die zweite Nummer auf meiner Liste, ebenfalls das gleiche Spiel. „Kein Anschluss unter dieser Nummer.“ Ich dachte, ‚das ist heute nicht mein Tag‘ und somit versuchte ich es den nächsten Tag noch mal. Um es abzukürzen, von meinen Zwölf Kandidaten, erreichte ich mal gerade zwei, wobei der eine zu dem Zeitpunkt leider in Urlaub sein würde. Die letzte Person, die ich auf meiner Liste hatte, freute sich über die Einladung und versprach auch zu kommen. Petra erzählte mir immer wieder bei unseren wöchentlichen Walking-Treffs, wen sie schon alles erreicht hatte und welch nette Gespräche sie schon mit den Leuten geführt hatte. Damit nicht genug, Franz rief mich dann noch an und meinte, er käme gut voran und hätte auch schon viele Zusagen. Ich meinte nur zu ihm, dass ich mir wohl die falschen Leute aus der Liste rausgepickt hab und dass ich nur bei einer Person Glück gehabt hätte, diese Person sich aber auf das Klassentreffen freuen würde.

Ende Mai fuhr die ganze Familie dann noch mal für ein paar Tage nach Münster. Tante Martina ließ es sich nicht nehmen, den kleinen Pitt morgens am Frühstückstisch zu füttern. Opa Helmut, der auf der anderen Seite vom Pitt saß, hatte auch leckere Sachen und so ließ Pitt die Sachen die er nicht so gerne aß diskret auf den Boden fallen, immerhin hatte er ja die freie Auswahl. Die Eltern konnten sich mal beim Frühstück entspannen und meine Aufgabe bestand darin, am Schluss den Boden wieder zu säubern. Das Wichtigste aber war, dass wir anschließend alle satt waren. Wir sind viel geradelt und dank Pitt’s Fahrradhänger schlief der Kleine, während wir fuhren und so konnten wir große Touren mit dem Rad machen. An einem Tag sind wir zu einem Park geradelt, wo man Wassertreten konnte. Das war genau das richtige für unseren Pitt. Auf dem Arm von seiner Tante drückte er auf alle Düsen und war in kurzer Zeit pittschnass. Es war ein heißer Tag und so kam ihm die Erfrischung gerade recht. Anschließend breiteten wir eine große Decke auf der Wiese aus, um zu entspannen. Michaela hatte mir ja schon so oft erzählt, dass Pitt keinen Kontakt mit der Wiese mochte. Ihm war das Gefühl von Gras unter den Füßen einfach unangenehm. Jetzt konnte ich es mit eigenen Augen sehen. Sobald das Ende der Decke erreicht war und Pitts Hände die Wiese berührten, zog er die Hand gleich wieder fort und verzog vor Ekel das Gesicht. Jetzt war es ein Leichtes auf ihn auf zu passen. Er würde die Decke niemals verlassen, denn um uns herum war nur Wiese. Er hat es zwar an jeder Seite der Decke noch mal probiert, aber das Ergebnis blieb das Selbe. Die Berührung mit der Wiese war nicht sein Fall. Unbekümmert hätten wir anderen ein Eis essen gehen können, der wäre niemals fort gekrabbelt. Aber stattdessen holten Martina und Michaela  Eis und wir alle hatten was davon.
Jeden Abend gingen wir Essen. Zu unserem großen Glück war gerade Spargelzeit und Spargel essen wir alle gerne. So passierte es, dass wir abends alle Schnitzel mit Spargel auf dem Teller hatten. Am meisten freute ich mich beim Spargel, auf die Spargelspitzen. Wer die Konsistenz von Spargel kennt, weiß, dass die Spargelspitzen sehr weich sind. Und unser Pitt konnte zu dieser Zeit noch nicht so gut kauen. So schauten mich dann beim Essen immer 4 Augenpaare an. Alle teilten mit Pitt. Er bekam von allen Seiten die Spargelspitzen, das musste ja eigentlich reichen. Aber Helmut‘s, Martina’s, Michaela’s und vor allem natürlich Pitt’s Blick war starr auf meine Spargelspitzen gerichtet. Der einzige, der sie mir gönnte war Andy. Daher teilte ich das beste Stück meines Spargels mit unserem Enkel. Eigentlich hatte ich nicht vor zu teilen, aber wer kann diesen Kinderaugen schon widerstehen.
Die paar Tage gingen schnell um und ich war dankbar, dass wir so ein schönes Wetter hatten und so viel unternommen haben. Es war eine tolle Zeit!

Im Mai hatten wir schon alle viel im Garten gearbeitet, was uns auch allen Spaß gemacht hatte. Wenn es mal einen Regentag gab, haben wir alle zusammen die alten Tapeten von den Wänden gekratzt. Michaela hat tagelang die Wände gestrichen, wo mir schon beim Zuschauen die Arme abgefallen wären. Das Wohnzimmer von den beiden ist riesig und Michaela meinte eines Tages, sie möchte gerne eine riesen Wand aus Ytong-Steinen selber bauen. Helmut erklärte sich bereit, ihr zu helfen. Am nächsten Tag stand im Hof ein großer Anhänger mit den Steinen. Helmut meinte: „Das sind aber viele, glaubst du, dass wir die alle brauchen?“ Michaela sagte nur: „Papa, das wird eine Mega-Wand!“
Mit der Stichsäge sägte Helmut unermüdlich die unterschiedlichsten Größen der Steine und nach und nach nahm die Wand Gestalt an. Zwei Tage dauerte die Aktion. Als die Wand fertig war, hatte sie kleine und große Nischen. Tage dauerte es noch bis Michaela mit dem Spachteln der Wand fertig wurde. Andy baute dann noch indirekte Lichter in die Wand. Es ist eigentlich eine riesen Regalwand aus Stein, aber ich muss sagen, sie ist ein Traum. Helmut fand sie auch wunderschön, aber im Hinblick auf seine Knochen (es dauerte Tage, bis er wieder Aufrecht gehen konnte), meinte er: „Sowas soll sie jetzt aber bitte nicht in jedem Zimmer bauen.“ Einige Zimmer sind schon fertig und wirklich toll geworden. Ich ziehe den Hut vor den Beiden. Andy, der nach acht Stunden Dienst immer noch weiter arbeitet in dem Haus und Michaela, die ununterbrochen Wände und Decken streicht. Ich sehe sie seit fast einem Jahr mit weißer Farbe in den Haaren und an den Klamotten. Ich frage mich, was machen die zwei mit all der Zeit, wenn sie mal fertig sind?

Im Juni hieß es noch mal, den Wecker auf sechs Uhr stellen. Helmut hatte sich als Prüfer für die IHK zur Verfügung gestellt. Die Prüfungsphase ging über zwei Wochen. Aus seinen Erzählungen hörte ich raus, dass es ihm wohl Spaß gemacht hatte, aber dass es ihm jetzt auch erst mal wieder reichte so lange zu arbeiten.

Im Mai hatten sich Michaela und Andy dazu entschlossen, sich einen Wohnwagen zu kaufen. Dieser wurde dann auf Vordermann gebracht und eingeräumt und nun im Juni ging es damit endlich auf Tour. Ihr erstes Ziel war Holland. Hinten wurden noch die neuen E-Bikes und Pitt’s toller Fahrradanhänger montiert und schon ging es los. Für die drei ist der Wohnwagen perfekt. Die Klamotten sind alle im Schrank verstaut und Essen kann man sich kochen was man mag. Leider wurde Andy bereits in der ersten Nacht sein teures Fahrrad geklaut. Es war nicht mal eine Woche alt. So verbrachten sie erst mal ihre Zeit auf dem Polizeipräsidium, was sehr ärgerlich war.

Ende des Monats spielte mein Roller mal wieder verrückt. Ich musste zur Theaterprobe und mein Roller wollte einfach nicht anspringen. Zwanzig Mal hatte ich schon versucht, ihn anzutreten, aber er gab keinen Mucks von sich. Voller Erschöpfung legte ich mich über den Sitz, holte kurz Luft und beschloss mit dem Rad zur Probe zu fahren. Ich möchte noch erwähnen, der Hinweg geht immer nur bergauf. Völlig verschwitzt und außerdem noch zehn Minuten zu spät kam ich zur Probe. Zwei Tage später wollte ich nur schnell was mit dem Roller besorgen. Als ich vom Einkaufen kam und zu meinem Roller ging, sprang das blöde Teil wieder nicht an. Ich redete nett auf ihn ein, aber er gab keinen Ton von sich. Was blieb mir schon anders übrig, ich musste ihn nach Hause schieben. Für die Leute, die noch nie einen Roller geschoben haben, nur so viel gesagt: Man braucht viel Kraft, denn der Roller wiegt schon einiges und wenn es dann noch den Berg hoch geht, bekommt man richtig Spaß. Als ich ihn am Ende in die Garage stellte, stand mein Entschluss fest, ich brauchte einen neuen Roller. Eine Woche später kaufte ich mir einen Neuen, der zwar viel langsamer fährt, aber die Roller werden heute so gebaut. Ich hatte mich für die Farbe Gold entschieden und somit war sein Spitzname schnell geklärt.
Als mein alter Roller abgeholt wurde, stand ich hinter der Fensterscheibe und vergoss dicke Tränen. Was hatte ich alles mit ihm erlebt?! Achtzehn Jahre war er mein treuer Begleiter. Bei Wind und Wetter bin ich mit ihm zur Arbeit gefahren. Die Kinder wurden damit zur Schule gefahren, und zum Badminton gebracht, von der Freundin abgeholt, nie hat mein Roller mich im Stich gelassen. Jetzt wurde er eingeladen, das tat schon ziemlich weh. Und auch wenn ich diese Zeilen schreibe, kullern mir wieder die Tränen die Wange hinab.
Mein neuer Roller fuhr sich am Anfang ganz anders, aber jetzt mit der Zeit sind wir doch Freunde geworden. Auch wenn Goldy nicht so schnell ist, wie mein altes Schätzchen.

Ebenfalls in diesem Monat war noch das Klassentreffen. Wo ich ja nicht so sonderlich viel zu beigetragen hatte. Trotzdem sind viele gekommen und wir hatten uns wie immer viel zu erzählen. Ihr werde es nicht glauben: Die Person, die mir fest zugesagt hatte, ist tatsächlich nicht gekommen!
Es wird mich trotzdem nicht davon abhalten in absehbarer Zeit wieder ein Klassentreffen zu organisieren. Somit war von meiner Liste wirklich NIEMAND da.

Im Juli fuhren Andy, Michaela und Martina mit noch anderen Freunden auf ein Festival über drei Tage. Wir hatten uns bereit erklärt, den Pitt zu nehmen. Tage vorher hatten wir ihn schon mal zum Übernachten bei uns, um zu schauen, ob es klappen würde. Das Probeschlafen ging dann auch voll in die Hose. Er weinte so herzergreifend, dass wir Michaela baten, ihn ab zu holen. Das Wochenende rückte immer näher und unsere Angst wurde immer größer, dass wir das nicht gestemmt bekommen. Drei Tage klingen vielleicht nicht viel, aber für Helmut und mich wurde es zu einem Mammutprojekt. Michaela sagte uns gleich, dass wir für die nächsten Tage unser Mittagsschläfchen vergessen konnten. Das wäre mit Pitt nicht machbar. Helmut und ich dachten nur, dass das unser kleinstes Übel wäre.
Am ersten Tag waren wir gegen Mittag bei Sandra eingeladen. Kaum dort angekommen, rieb sich Pitt die Augen. Ich packte den Kinderwagen aus und legte ihn hinein, um ihn ein wenig im Garten zu fahren. Keine zehn Minuten später war der kleine Mann eingeschlafen und ich stellte den Wagen in ein schattiges Plätzchen unter einen Baum. Als er wach wurde bekam er sein Essen, dann spielte Sandra noch was mit ihm und schon war der Abend da. Helmut meinte, er könnte es besser als ich und wiegte Pitt im Arm, bis er einschlief. Nach nur zehn Minuten lag Pitt in seinem Reisebett und ich war echt sprachlos, aber auch sehr glücklich. Meiner Erfahrung nach, hatte ich mit mehr Gegenwehr gerechnet. Nachts bekam Pitt zu Hause immer noch mal um eins seine Flasche und als ich um zwölf wach wurde, dachte ich, jetzt kann ich auch wach bleiben. Gleich wird er nach seiner Flasche schreien und dann bin ich wach genug, um ihm die Flasche zu geben. Es wurde eins, es wurde zwei, um es abzukürzen, ich lag die ganze Nacht wach und er hat so schön durchgeschlafen. So kann es gehen!!!
Tagsüber sind wir viel mit ihm spaziert und mittags nach dem Essen haben wir ihn zwischen uns gelegt und er hat tatsächlich mit uns ein Mittagsschläfchen gehalten, so dass wir anschließend alle wieder fit waren. Die drei Tage vergingen im nachherein wie im Fluge und ich muss Pitt danken, dass er uns die Zeit so leicht gemacht hat.
Hier sei noch erwähnt, dass sich Andy bereits ein neues Fahrrad ausgesucht hat, weil man seins ja in Holland geklaut hatte. Just auf dem Festival, bekam er den Anruf, dass sein Fahrrad gefunden wurde. Es freuten sich alle, außer Andy. Der hatte sich nämlich längst für ein besseres entschieden. Am Ende wollte die Versicherung das alte Fahrrad aber behalten und so konnte er sich glücklicherweise ein neues und besseres zulegen.

Ende Juni fuhren Helmut und ich für vier Tage nach Münster. Die Unterkunft war wunderschön. Das Wetter war eher durchwachsen. Wie oft wir wieder mal unter Bäumen gestanden haben, weil es schüttete, will ich gar nicht wissen. Außerdem hatte ich Klamotten für den Sommer mitgenommen, aber das Wetter war eher herbstlich. So musste ich zwangsläufig meine Sommersachen übereinander tragen, sonst hätte ich mir eine Erkältung zugezogen. Für den absoluten Notfall, dass das Wetter schlecht werden würde, hatte ich zum Glück eine alte Fließjacke mitgenommen. Sie hatte ich immer an und sie ist auch auf jedem Foto zu sehen, was Helmut gemacht hat.

Ende August fuhren Helmut und ich noch mal ins Emsland, dort hatten wir herrliches Wetter. Bis jetzt ist das die schönste Gegend zum Rad fahren. Die Wege sind alle sehr gut markiert und zum Teil asphaltiert. Wir haben uns in der einen Woche nicht einmal verfahren. Aber mit dem Essen gehen ist es nicht anders, als in Münster. Alle Lokale haben abends geschlossen. Verhungert sind wir aber nicht. Sobald ich ein Lokal sah, egal zu welcher Uhrzeit, habe ich gequengelt, dass wir was essen müssen. Ich dachte immer: „Was ich im Bauch habe, das habe ich schon mal.“
Es war eine schöne Zeit und ich bin mir sicher dass wir noch mal in die Gegend fahren werden.

Kaum zurück kam uns Pitt besuchen und wir staunten, denn Pitt konnte auf einmal laufen. Es sah noch was unbeholfen aus, aber das Tragen von dem kleinen Mann hatte jetzt ein Ende. Im Stehen entdeckte er jetzt Dinge, die ihm vorher verborgen gewesen waren. Die Freude, dass er laufen konnte, hielt bei mir nicht lange an. Als Pitt mir im Bad die volle Toilettenrolle abgerollt hatte und dann etwas später mit der Klobürste ins Esszimmer kam musste ich erst mal schlucken. Er war so stolz und strahlte übers ganze Gesicht, was sollte ich da sagen? Er ist doch unser Enkel!!!

Im September ging Pitt zum ersten Mal in den Kindergarten. Für seine Eltern war das bestimmt genauso aufregend wie für ihn. Er hatte aber keine Probleme, denn sobald er müde wurde, waren die Erzieherrinnen so nett und schaukelten ihn in seinem Kinderwagen und schon konnte er was schlafen. Außerdem brauchte Pitt jetzt mehr Klamotten und so gingen Michaela und ich häufiger auf Trödelmärkte wo die Sachen doch bedeutend preiswerter waren. Wenn wir dort ankamen, setzte ich mich immer erst mal mit Pitt in die Cafeteria und aß selbstgebackenen Kuchen. Michaela verschaffte sich währenddessen schon mal einen Überblick und zeigte mir dann später immer, was sie vor hatte zu kaufen. Bei unserem letzten Trödelbesuch, meinte sie: „Ich habe das Gefühl, du gehst nur mit, weil du dann immer Kuchen essen kannst!“ Ich meinte nur: „Man muss das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden“, und lächelte sie nur an.

Im Oktober ging Michaela wieder halbtags arbeiten. Auf ihrer neuen Stelle hat sie es gut angetroffen und fühlt sich auch sehr wohl dort. Klar, es wäre nicht unsere Michaela, wenn sie nicht am liebsten einiges verändern wollte. Aber gut Ding braucht Weile!

Martina nahm nun endlich mal ihren Jahresurlaub und ich hatte das Gefühl, sie war nur noch fort. Mit Mühe konnte ich den Überblick behalten. Erst war sie mit ihrem Freund auf Mallorca, dann kam sie wieder und flog ein paar Tage später wieder nach Mallorca mit ihren Mädels. Erst waren sie auf der Insel paar Tage, danach ging es von dort aus auf ein Kreuzfahrtschiff, wo sie alle viel Spaß hatten. Sie schipperten fünf Tage durchs Mittelmeer.
Danach kam sie für eine Woche nach Hause, um dann nach Costa Rica zu fliegen. Zur, Zeit werden viele Tätigkeiten von Bayer aus der ganzen Welt nach Costa Rica verlagert. Auch ihre Freundin Isa arbeitete seit Juni in Costa Rica und wird noch bis voraussichtlich April 2020 dort bleiben. Daher machten die beiden dort erst mal zwei Wochen Urlaub. Danach musste Martina selbst eine Woche in Costa Rica arbeiten, um dann mit den Mitarbeitern aus Costa Rica nach Pittsburgh zu fliegen, um von dort die Tätigkeiten aufzunehmen, die nach Costa Rica verlagert werden. Dort war sie dann auch noch mal zwei Wochen, womit sie insgesamt fünf Wochen am Stück fort war. Das war für uns alle eine schlimme Zeit, denn Martina ist am liebsten zu Hause bei ihren Lieben.

Der November war ein schöner Monat. Das ganze Jahr schon, werkeln Michaela und Andy in ihrem Haus. Zum Glück haben beide handwerkliches Geschick und können daher sehr viel selber machen. Helmut, Martina und ich unterstützen natürlich gerne bei den Dingen, die wir so können. Wobei wir alle natürlich am allerliebsten den Pitt beschäftigen, damit Michaela und Andy Fliesen legen, Böden verlegen, Decken einrichten und unendlich viele Kabel und Rohre verlegen können. Diesen Monat wurde endlich das Bad fertig gestellt, wo die beiden ganz viel Herzblut reingesteckt haben. Es hat ein besonderes Design, welches uns allen sehr gut gefällt. Mit kleinen Mosaik-Steinen erstrahlen die Fliesen in einem ganz besonderen Glanz. Endlich kann Pitt seine Badewanne genießen, was er bei uns schon immer gern getan hat. Mit kleinen Schritten kommen die drei bald zu ihrem Traumhaus.

Außerdem kam Martina im November endlich wieder zurück nach Deutschland. Nach all der Zeit gab es viel zu erzählen. Sie war kaum hier, da flogen wir zwei für eine Woche nach Marsa Alam in Ägypten. Dort war es angenehm warm. Wir hatten eine wunderschöne Anlage und uns hat es an nichts gefehlt. Jeden Tag hatten wir schöne Figuren aus Handtüchern und Blütenblättern auf unseren Betten. Einmal war es ein Schwan, dann ein Elefant, mal ein Herz. Immer waren wir entzückt von den Gebilden. Davon schoss ich Fotos und schickte sie in die Heimat. Das Essen war sehr abwechslungsreich und lecker. Es war einfach alles perfekt.
Was ich aber bis dahin noch nicht wusste ist, dass alle Leute dort hin fliegen, weil sie dort tauchen oder schnorcheln wollen. Ich gehe überhaupt nicht ins Meer, ich habe Angst vor allen Fischen, die ich dort sehen könnte. Der Strand war auch mit Bändern abgesperrt, wo man nur ins Wasser gehen sollte. An einem Morgen sprangen alle Leute von ihren Matratzen auf, weil ein großer Fisch direkt vor unserer Nase aus dem Wasser gesprungen war. Ich konnte ihn auch noch sehen und war entsetzt, was für ein großes Tier direkt in unserer Nähe schwamm. Da mein Interesse falsch gedeutet wurde, kamen auch gleich ältere Herren auf Martina und mich zu und zeigten uns voller Stolz Fotos von Fischen, die sie schon alle im Wasser gesehen hatten. Als ich die Fotos sah, kam mir nur ein Gedanke: ‚Auch wenn ich noch so schwitze auf der Liege, ich werde mich nicht zum Abkühlen ins Meer begeben!‘
Nun kam es aber dazu, dass Martina sich eine Schnorchelmaske kaufte, die wohl das ganze Gesicht abdeckte. Martina ist nämlich, genau wie Helmut Würgerin und kann mit einem Schnorchel nicht so gut umgehen. Diese Vollgesichtsmaske hatte es ihr aber angetan. Kurze Zeit später kam sie völlig begeistert aus dem Meer. Ich fasste meinen ganzen Mut zusammen und sagte, dass ich es auch mal ausprobieren wolle. So zog ich mir die Maske auf und ging mit weichen Knien ins Meer. Ich blieb direkt am Steg, damit ich jederzeit schnell zurück konnte. Ich machte dabei wohl zu viele Bewegungen, denn ich war ca. fünf Minuten unter Wasser und habe keinen einzigen Fisch gesehen. Ehrlich gesagt, war ich darüber gar nicht traurig. Meine Familie, die meine Angst kennt, konnte es überhaupt nicht glauben, dass ich im Meer schnorcheln war.
Ich hätte Martina auch Eintauschen können gegen Kamele, aber ich mag meine Tochter sehr und was soll ich hier mit Kamelen. Wir hatten eine schöne Zeit, leider war sie wie immer zu kurz. Kaum gelandet wurden wir auch schon von Helmut und Michaela abgeholt. Dass Michaela dabei war, überraschte uns sehr, umso größer war die Freude dann. Kaum hatten wir Martina mit ihren Koffern zu Hause abgesetzt, sagte sie auch schon, sie müsse sich beeilen, denn sie wollte noch schnell auf eine Geburtstagsparty. Nun ging es endlich nach Hause. Kaum angekommen wollte ich mir was Bequemes anziehen und ging ins Schlafzimmer. Hier traute ich meinen Augen nicht! Ein großes Herz aus Rosenblättern zierte mein Bett. Ich war echt überwältigt, was für eine schöne Idee! Ich hatte Helmut fast täglich ein Foto geschickt, wie nett unser Bett in Ägypten immer dekoriert war. Ich war so begeistert, dass ich Martina einen Schnappschuss hiervon schickte.
Martina zeigte dieses Foto gleich auf der Party herum. Die Männer dort reagierten alle gleich und nannten Helmut einen Streber, die Frauen dagegen waren entzückt und begeistert, dass nach so vielen Ehejahren noch ein Ehemann auf so eine entzückende Idee kommt. Das ist eben mein Helmut!!

Kaum zurück fuhr ich drei Tage mit meiner Theatergruppe auf ein Seminar um an unserem neuen Stück zu schreiben. Es war eine tolle Zeit, ich habe viel dazu gelernt. In der Zeit bekam ich starke Schulterschmerzen, so dass ich abends nach dem Seminar noch in die Notaufnahme musste. Ich bekam starke Medikamente, die mich die nächsten Tage außer Gefecht setzten. Da ich auch jetzt eine zweite Meinung vom Arzt bekam, der auch sagte: „Da ist nichts mehr zu retten“, stand mein Entschluss jetzt fest: Ich werde mich wieder operieren lassen.

Dezember: Ich habe nun alles eingeleitet für meine OP. Ich mache mir hier kaum Sorgen, schließlich ist es meine fünfte Schulter-OP und ich bin ein alter Hase und weiß, was da auf mich zukommt. Sehr wahrscheinlich werde ich im Januar an meiner Schulter operiert. Ich habe jeden Tag starke Einschränkungen bei Bewegungen, ob mit oder ohne Medikamente. Freue mich jetzt schon auf den Tag, wo ich mich wieder alleine anziehen kann und alle Sportarten machen kann, die ich mag. Denn das vermisse ich sehr. Darüber berichte ich dann in meinem nächsten Jahresbrief.

In diesem Sinne wünschen wir Euch allen viel Gesundheit, frohe Festtage und einen schönen Übergang ins neue Jahr.

Helmut, Martina, Michaela, Andy, Pitt und Rita